In der SS sah Hans Hüttig die Chance, seine gescheiterte militärische Karriere nachzuholen. Die Konzentrationslager wurden zu seinem Arbeitsplatz, er stieg auf zum Lagerkommandanten.
Ein Jahr vor der Machtübernahme der Nationalsozialisten trat Hans Hüttig 1932 in die SS ein. „Ich war bereits achtunddreißig Jahre alt. Großgewachsen, stark gebaut, genau der Typ, nach dem man suchte. Nur eben etwas zu alt. Doch dann sagten mir einige Kameraden, die schon früher beigetreten waren, komm doch zu uns. Ich war glücklich.“, erinnerte er sich später.
In der SS sah Hüttig seine Chance, Offizier zu werden und sozial aufzusteigen. Seit seiner Jugend hatte er eine Laufbahn beim Militär angestrebt. Im Ersten Weltkrieg hatte er bei den Kolonialtruppen in Deutsch-Ostafrika gekämpft. Die Kriegsniederlage zerstörte seine Hoffnung auf eine Karriere als Soldat jedoch endgültig. Auch in seinem zivilen Beruf war er wenig erfolgreich: Eine Lehre als Drogist hatte er abgebrochen, der Versuch einer Selbständigkeit mit einem eigenen Fotoladen endete mit dem Bankrott.
Wie alle SS-Männer, sah Hüttig sich als Teil einer Elitetruppe, in der Gewalt, Härte und Brutalität positiv besetzt waren. In den SS-Schlägertrupps bewährte er sich bei der Jagd auf Kommunisten. Das Angebot, hauptberuflich für die SS zu arbeiten, nahm er 1933 bereitwillig an. Er wurde zunächst als Hilfspolizist eingesetzt und wechselte später zu den KZ-Wachmannschaften. In der Lager-SS fühlte Hüttig sich wohl, moralische Bedenken kamen ihm nicht: „Ich wusste ganz genau, was ich bei der SS tun werde. Wir alle wussten es.“, so Hüttig später.
Ab 1938 war er Adjutant des für seine Brutalität berüchtigten Buchenwalder Lagerkommandanten Karl Otto Koch und später zweiter Schutzhaftlagerführer. Unter den Häftlingen war Hüttig als äußerst brutal gefürchtet. Nach Buchenwald qualifizierte er sich in den Augen seiner Vorgesetzten auch in den Konzentrationslagern Flossenbürg und Sachsenhausen für höhere Aufgaben.
Als Kommandant leitete er unter anderem 1941 den Aufbau des Konzentrationslagers Natzweiler im Elsass. Im Februar 1944 wurde er schließlich Kommandant des Konzentrationslagers Herzogenbusch in den Niederlanden. Unter seinem Kommando erschossen SS-Männer dort im Sommer 1944 Hunderte Häftlinge. Seine Karriere als SS-Offizier endete mit der Flucht nach Deutschland im Herbst 1944.
Ein französisches Gericht verurteilte Hans Hüttig nach Kriegsende wegen seiner Verbrechen in Natzweiler zum Tode. Das Urteil wurde nicht vollstreckt. Nach elf Jahren in Haft kam er 1956 frei und lebte danach in der deutschen Kleinstadt Wachenheim an der Weinstraße.